Geschichte des Radfahrens in Wien
Wo alles begann…
Es begann ja alles denkbar ungünstig. Die Stadt Wien verweigerte dem Freiherren Karl von Drais ein Patent für sein Laufrad… doch die Idee war einfach nicht zu stoppen!
Wir schreiben das Jahr 1790. Der deutsche Tischler Anton Burg zog in diesem Jahr nach Wien, verehelichte sich und gründete 1798 die erste Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen. Er wohnte in der Nähe der Karlskirche, zuerst in der Argentinierstraße, dann in der nahen Technikerstraße.
Im Sommer 1817 testete Förster Karl Drais im schönen Mannheim ein Ding, das als „Laufmaschine“ für Furore… und in Wien für obig schon erwähnte Ablehnung sorgte. Man erteilte dem Germanen kein Patent. Der Anton Burg baute daraufhin die Draisine vor Ort einfach nach und gründete sogar eine eigene Schule für „Laufübungen auf der Draisine“. Zielpublikum war natürlich nicht der „kleine Mann“, sondern die Oberschicht. So ein Laufmaschinderl kostete rund zwei Jahresgehälter eines „kleinen Mannes“ und eine Trainingseinheit von 15 Minuten verschlang immerhin noch eineinhalb Tagesgehälter desselben.
1824 sicherte man sich für drei Jahre das Patent für eine dreirädrige Laufmaschine, wobei die zwei Räder vorne waren.
Berühmt waren die Burg’schen Modelle seiner landwirtschaftlichen Maschinen, von denen er rund 400 besaß. Heute kann man im Technischen Museum noch ein Modell so einer Laufmaschine besichtigen.
Dabei war ja eigentlich ein Vulkan an allem Schuld. An Dracula und am Fahrrad! 1815 flog in Indonesien der Tambora in die Luft, 1816 hatte Europa sein „Jahr ohne Sommer“, unwahrscheinlich prächtige Sonnenuntergänge und eine mächtig schlimme Hungersnot. Das Pferdesterben sorgte für einen Fortbewegungsmittelengpass… und in Folge zur Erfindung des Fahrrades. Ach ja, in der Schweiz saßen in jenen harten Zeiten ein paar englische Intellektuelle gelangweilt am Herdfeuer und unterhielten sich durch Geschichtenerzählen. Heute ist „Frankenstein“ Weltliteratur!
Die erste Laufmaschinenfahrt namens „Draisine“ bzw. „Veloziped“ führte im Juni 1817 von Mannheim sieben Kilometer bis zum Schwetzinger Relaishaus. Drais benötigte für den Hin- und Rückweg nur eine knappe Stunde und erreichte damit auf seiner circa 22 kg schweren Laufmaschine eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 15 km/h. Dann gingen die Dinge aber gewaltig schief!
Als freigestellter Beamter durfte Drais keine Nebentätigkeit als Unternehmer anfangen, außerdem kümmerte sich die damalige Schmiede- und Wagnerzunft einen Schmutz ums Copyright und plagiierte munter drauf los. Die ersten Radler wurden übrigens als „Draisinenreiter“ bezeichnet.
Erschwerend kamen dann noch verwaltungstechnische Kinkerlitzchen dazu. Man verbot die Benutzung des Bürgersteiges für Laufräder! Und so herrschten mal rund 50 Jahre noch Radfahrruhe, bis der Radlerboom wie der unselige indonesische Vulkan explodierte! PS.: Die Verbindung "Vulkanausbruch - Pferdesterben - Fahrraderfindung" ist natürlich Nonsens!
Und wie es sich gehörte, hatten auch die Russen ihre Finger in den Speichen. Naja, irgendwie und zwecks des Whataboutismus eben! Der recht bekannte Schriftsteller August Kotzebuhe war russischer Generalkonsul, mit einer russischen Generalleutnantstochter verheiratet und nach Sibirien verbannt worden, um dann doch noch Karriere im Lande der Rus machte. 1798 war er in Wien sogar kurz Hoftheaterdirektor. Sein Schicksal ereilte ihn 1819, als ihn der Student Sand erdolchte, da dieser nicht mit den konservativen Ansichten des Schreibers übereinstimmte. Doch zurück zum Fahrrad. Es war der Papa vom Drais, der den Sand zum Tode verurteilte. Als Folge davon wurde Drais mächtig gemobbt… was eine Emigration nach Brasilien nach sich zog. Keine guten Zeiten also für das Urfahrrad. Um 1840 war er wieder zurück und verfolgte seine Draisinenideen weiter, diesmal aber auf vier Rädern und für die Eisenbahn. Das erste derartige Hilfsfahrzeug für Bahnbeamte war in Wien ein Zweirad auf nur einer Schiene gewesen!
Es begann ja alles denkbar ungünstig. Die Stadt Wien verweigerte dem Freiherren Karl von Drais ein Patent für sein Laufrad… doch die Idee war einfach nicht zu stoppen!
Wir schreiben das Jahr 1790. Der deutsche Tischler Anton Burg zog in diesem Jahr nach Wien, verehelichte sich und gründete 1798 die erste Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen. Er wohnte in der Nähe der Karlskirche, zuerst in der Argentinierstraße, dann in der nahen Technikerstraße.
Im Sommer 1817 testete Förster Karl Drais im schönen Mannheim ein Ding, das als „Laufmaschine“ für Furore… und in Wien für obig schon erwähnte Ablehnung sorgte. Man erteilte dem Germanen kein Patent. Der Anton Burg baute daraufhin die Draisine vor Ort einfach nach und gründete sogar eine eigene Schule für „Laufübungen auf der Draisine“. Zielpublikum war natürlich nicht der „kleine Mann“, sondern die Oberschicht. So ein Laufmaschinderl kostete rund zwei Jahresgehälter eines „kleinen Mannes“ und eine Trainingseinheit von 15 Minuten verschlang immerhin noch eineinhalb Tagesgehälter desselben.
1824 sicherte man sich für drei Jahre das Patent für eine dreirädrige Laufmaschine, wobei die zwei Räder vorne waren.
Berühmt waren die Burg’schen Modelle seiner landwirtschaftlichen Maschinen, von denen er rund 400 besaß. Heute kann man im Technischen Museum noch ein Modell so einer Laufmaschine besichtigen.
Dabei war ja eigentlich ein Vulkan an allem Schuld. An Dracula und am Fahrrad! 1815 flog in Indonesien der Tambora in die Luft, 1816 hatte Europa sein „Jahr ohne Sommer“, unwahrscheinlich prächtige Sonnenuntergänge und eine mächtig schlimme Hungersnot. Das Pferdesterben sorgte für einen Fortbewegungsmittelengpass… und in Folge zur Erfindung des Fahrrades. Ach ja, in der Schweiz saßen in jenen harten Zeiten ein paar englische Intellektuelle gelangweilt am Herdfeuer und unterhielten sich durch Geschichtenerzählen. Heute ist „Frankenstein“ Weltliteratur!
Die erste Laufmaschinenfahrt namens „Draisine“ bzw. „Veloziped“ führte im Juni 1817 von Mannheim sieben Kilometer bis zum Schwetzinger Relaishaus. Drais benötigte für den Hin- und Rückweg nur eine knappe Stunde und erreichte damit auf seiner circa 22 kg schweren Laufmaschine eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 15 km/h. Dann gingen die Dinge aber gewaltig schief!
Als freigestellter Beamter durfte Drais keine Nebentätigkeit als Unternehmer anfangen, außerdem kümmerte sich die damalige Schmiede- und Wagnerzunft einen Schmutz ums Copyright und plagiierte munter drauf los. Die ersten Radler wurden übrigens als „Draisinenreiter“ bezeichnet.
Erschwerend kamen dann noch verwaltungstechnische Kinkerlitzchen dazu. Man verbot die Benutzung des Bürgersteiges für Laufräder! Und so herrschten mal rund 50 Jahre noch Radfahrruhe, bis der Radlerboom wie der unselige indonesische Vulkan explodierte! PS.: Die Verbindung "Vulkanausbruch - Pferdesterben - Fahrraderfindung" ist natürlich Nonsens!
Und wie es sich gehörte, hatten auch die Russen ihre Finger in den Speichen. Naja, irgendwie und zwecks des Whataboutismus eben! Der recht bekannte Schriftsteller August Kotzebuhe war russischer Generalkonsul, mit einer russischen Generalleutnantstochter verheiratet und nach Sibirien verbannt worden, um dann doch noch Karriere im Lande der Rus machte. 1798 war er in Wien sogar kurz Hoftheaterdirektor. Sein Schicksal ereilte ihn 1819, als ihn der Student Sand erdolchte, da dieser nicht mit den konservativen Ansichten des Schreibers übereinstimmte. Doch zurück zum Fahrrad. Es war der Papa vom Drais, der den Sand zum Tode verurteilte. Als Folge davon wurde Drais mächtig gemobbt… was eine Emigration nach Brasilien nach sich zog. Keine guten Zeiten also für das Urfahrrad. Um 1840 war er wieder zurück und verfolgte seine Draisinenideen weiter, diesmal aber auf vier Rädern und für die Eisenbahn. Das erste derartige Hilfsfahrzeug für Bahnbeamte war in Wien ein Zweirad auf nur einer Schiene gewesen!
1867
Auf der Weltausstellung in Paris präsentierte ein gewisser Pierre Michaux ein Rad mit Pedalen und Kurbel. Die Idee dazu war ihm schon 1861 gekommen. Ab sofort wurde nicht mehr geschoben und gestoßen, sondern getreten. Das Fahrrad wurde "vélocipède bicycle" genannt, also "zweirädriger Schnellfuß".
Auf der Weltausstellung in Paris präsentierte ein gewisser Pierre Michaux ein Rad mit Pedalen und Kurbel. Die Idee dazu war ihm schon 1861 gekommen. Ab sofort wurde nicht mehr geschoben und gestoßen, sondern getreten. Das Fahrrad wurde "vélocipède bicycle" genannt, also "zweirädriger Schnellfuß".
1881
Der vornehmste Wiener Radsportverein war der 1881 gegründete Wiener Bicycle Club. 1890 gehörten ihm 34 Industrielle und Kaufleute, 28 Beamte, 13 Freiberufler, elf Adelige und Privatiers, sieben Studenten und als außerordentliche Mitglieder auch zehn Frauen an. Hochadelige Mitglieder waren Prinz Franz Windisch-Graetz, damals Oberleutnant und extravaganter, leichtsinniger und verschwenderischer Lebemann sowie Fürst Paul Metternich. Dann waren da noch der Fahrradhändler Heinrich Opel, die Zuckerbäcker Christof und Josef Demel und die Großgrundbesitzer Graf Lamberg und Graf Wilczek. 1894 kam die Schauspielerin Adele Sandrock dazu. 1896 folgten Prinz Franz Auersperg, Prinz Eugen Thurn-Taxis, Erich Graf Kielmansegg‚ Prinz Egon Hohenlohe-Waldenburg-Schillingfürst, Graf Kinsky und Alexander Markgraf Pallavicini.
Der vornehmste Wiener Radsportverein war der 1881 gegründete Wiener Bicycle Club. 1890 gehörten ihm 34 Industrielle und Kaufleute, 28 Beamte, 13 Freiberufler, elf Adelige und Privatiers, sieben Studenten und als außerordentliche Mitglieder auch zehn Frauen an. Hochadelige Mitglieder waren Prinz Franz Windisch-Graetz, damals Oberleutnant und extravaganter, leichtsinniger und verschwenderischer Lebemann sowie Fürst Paul Metternich. Dann waren da noch der Fahrradhändler Heinrich Opel, die Zuckerbäcker Christof und Josef Demel und die Großgrundbesitzer Graf Lamberg und Graf Wilczek. 1894 kam die Schauspielerin Adele Sandrock dazu. 1896 folgten Prinz Franz Auersperg, Prinz Eugen Thurn-Taxis, Erich Graf Kielmansegg‚ Prinz Egon Hohenlohe-Waldenburg-Schillingfürst, Graf Kinsky und Alexander Markgraf Pallavicini.
1883
1883 gab es in Wien drei Radfahrvereine, 1893 zweiundvierzig, 1899 zweihunderteinundsiebzig und 1910 unglaubliche dreihundertneunundzwanzig Stück.
1883 gab es in Wien drei Radfahrvereine, 1893 zweiundvierzig, 1899 zweihunderteinundsiebzig und 1910 unglaubliche dreihundertneunundzwanzig Stück.
1886
Die 1886 gegründete Radfahrer-Union Vorwärts punktete mit Arthur Schnitzler, Richard Beer-Hofmann, Gustav Frid‚ Moriz Band, Berta Zuckerkandl und Bertha von Suttner. Dabei waren aber auch Bank- und Börsenleute wie Bunzl, Biach, Mandl, Popper und Rappaport sowie Industrielle, Beamte, Advokaten, Ärzte, Schauspieler und Künstler.
Der Verein verfügte auch über 46 Frauen – meistens höhere Töchter auf der Suche nach einem adretten Radler, so munkelte man böse. Doch Radfahren befreite die Frauen auch. Es stand für Emanzipation und Selbständigkeit, wo lange Röcke, Korsetts, Sonnenschirme und Schleier nichts verloren hatten. Sie wurden dafür anfeindet und waren Zielscheibe bösartiger Karikaturen. Mit dem Rad war aber „ein anderer Rhythmus in der Welt“, wie der Nichtradler Stefan Zweig vermerkte.
Die 1886 gegründete Radfahrer-Union Vorwärts punktete mit Arthur Schnitzler, Richard Beer-Hofmann, Gustav Frid‚ Moriz Band, Berta Zuckerkandl und Bertha von Suttner. Dabei waren aber auch Bank- und Börsenleute wie Bunzl, Biach, Mandl, Popper und Rappaport sowie Industrielle, Beamte, Advokaten, Ärzte, Schauspieler und Künstler.
Der Verein verfügte auch über 46 Frauen – meistens höhere Töchter auf der Suche nach einem adretten Radler, so munkelte man böse. Doch Radfahren befreite die Frauen auch. Es stand für Emanzipation und Selbständigkeit, wo lange Röcke, Korsetts, Sonnenschirme und Schleier nichts verloren hatten. Sie wurden dafür anfeindet und waren Zielscheibe bösartiger Karikaturen. Mit dem Rad war aber „ein anderer Rhythmus in der Welt“, wie der Nichtradler Stefan Zweig vermerkte.
1890
In den 1890er-Jahren erlebte Wien einen Radfahrboom, der sich im Trickle-Down-Verfahren von den oberen 10.000 zu den breiten Massen hin ausbreitete.
In den 1890er-Jahren erlebte Wien einen Radfahrboom, der sich im Trickle-Down-Verfahren von den oberen 10.000 zu den breiten Massen hin ausbreitete.
1892: Anno Dazumal auf dem Rad I
Diese Wiener Geschichte beginnt in einem Frankfurter Haus, das den Namen „Zum roten Schild“ trägt und im lokalen jüdischen Ghetto stand. Zwecks der damals üblichen Arbeitsbeschränkungen für Bürger jüdischen Glaubens blieb der Familie halt nichts anderes übrig, als die reichste Familie der Welt zu werden.
Einen Sproß der Rothschild-Dynastie verschlägt es so um 1800 nach Wien, wo 1844 der Sohn Albert Salomon Anselm das Licht der Welt erblickt. Sein Spitzname wird Salbert und er selbst der reichste Europäer. Half alles nix, seine Frau Bettina stirbt 1891 34-jährig, sieben Kinder und einen geschockten 50-jährigen Witwer zurücklassend. Womit jetzt das Radfahren ins Spiel kommt. Die damals berühmte Schauspielerin Helene Odilon wirft sich im oberösterreichischen Bad Ischl bei einem angeblich von ihr selbst inszenierten „Radfahrunfall” dem „so kerngescheiten und furchtbar gemütlichen“ Salbert zu Füßen. Das Witwerdasein hat ihn zu einem passionierten Radler gemacht. Es kam, wie es kommen musste. Via Bycicle entsteht eine Liaison. Der Salbert pflegt ja in Gaming eine Bycicle-Halle, man hatte also Gesprächsstoff. Blöd nur, dass die Lene damals schon mit dem Alex Girardi verheiratet ist. Es trifft sich gut, dass die schöne Helene mit einem Arzt namens Wagner-Jauregg befreundet ist… der prompt ein Fernattest ausstellt, in dem er die Verrücktheit von Girardi bestätigt, was eine Annullierung der Ehe erleichtern würde. Das Komplott fliegt aber auf… und Albert beendet die Beziehung. Zurück bleiben gemeinsame Radausflüge und ein Weihnachtsgeschenk in Form eines kleinen goldenen Bicycle mit Rädern aus Brillanten. Es ist halt ein Andenken an die „wunderschönen gemeinsamen Radfahrpartien”. Man zeigte sich in den glücklichen Stunden im Sacher, beim Schlittschuhlauf am Heumarkt und beim Radfahren in der Prater-Hauptallee. Erwähnenswert auch noch das Palais in der Neustiftgasse 11, möbliert von Portois S. Fix…. und unschöne Szenen am Ende: Die Odilon fordert ein „Abschiedsgeschenk”, worauf Rothschild kontert: „Wegen dieser Frau habe ich meine Kinder vernachlässigt, ich kann sie nicht auch noch finanziell schädigen.”
Diese Wiener Geschichte beginnt in einem Frankfurter Haus, das den Namen „Zum roten Schild“ trägt und im lokalen jüdischen Ghetto stand. Zwecks der damals üblichen Arbeitsbeschränkungen für Bürger jüdischen Glaubens blieb der Familie halt nichts anderes übrig, als die reichste Familie der Welt zu werden.
Einen Sproß der Rothschild-Dynastie verschlägt es so um 1800 nach Wien, wo 1844 der Sohn Albert Salomon Anselm das Licht der Welt erblickt. Sein Spitzname wird Salbert und er selbst der reichste Europäer. Half alles nix, seine Frau Bettina stirbt 1891 34-jährig, sieben Kinder und einen geschockten 50-jährigen Witwer zurücklassend. Womit jetzt das Radfahren ins Spiel kommt. Die damals berühmte Schauspielerin Helene Odilon wirft sich im oberösterreichischen Bad Ischl bei einem angeblich von ihr selbst inszenierten „Radfahrunfall” dem „so kerngescheiten und furchtbar gemütlichen“ Salbert zu Füßen. Das Witwerdasein hat ihn zu einem passionierten Radler gemacht. Es kam, wie es kommen musste. Via Bycicle entsteht eine Liaison. Der Salbert pflegt ja in Gaming eine Bycicle-Halle, man hatte also Gesprächsstoff. Blöd nur, dass die Lene damals schon mit dem Alex Girardi verheiratet ist. Es trifft sich gut, dass die schöne Helene mit einem Arzt namens Wagner-Jauregg befreundet ist… der prompt ein Fernattest ausstellt, in dem er die Verrücktheit von Girardi bestätigt, was eine Annullierung der Ehe erleichtern würde. Das Komplott fliegt aber auf… und Albert beendet die Beziehung. Zurück bleiben gemeinsame Radausflüge und ein Weihnachtsgeschenk in Form eines kleinen goldenen Bicycle mit Rädern aus Brillanten. Es ist halt ein Andenken an die „wunderschönen gemeinsamen Radfahrpartien”. Man zeigte sich in den glücklichen Stunden im Sacher, beim Schlittschuhlauf am Heumarkt und beim Radfahren in der Prater-Hauptallee. Erwähnenswert auch noch das Palais in der Neustiftgasse 11, möbliert von Portois S. Fix…. und unschöne Szenen am Ende: Die Odilon fordert ein „Abschiedsgeschenk”, worauf Rothschild kontert: „Wegen dieser Frau habe ich meine Kinder vernachlässigt, ich kann sie nicht auch noch finanziell schädigen.”
1893: Anno Dazumal auf dem Rad II
Diese Wiener Geschichte beginnt in der Innenstadt von 1893. Hier residierte ein verbummelter Arzt namens Arthur Schnitzler, der dereinst als Schriftsteller zu lokaler Berühmtheit gelangen sollte. Im Juni 1893, so um den Zeitpunkt des Todes seines Vaters, begann er im Alter von 31 Jahren seinen Radfahrkurs und trug am 13. Juni in sein Tagebuch ein „Erste Bicycle-Lektion” ein. Und knappe zwei Monate später konnte er es, er bestand seine Radfahrprüfung und schrieb am 4. August an Theodor Herzl „Der Strohhalm, mit dem ich mich an die Lebensfreude klammere, ist augenblicklich das Bicycle." Schon ein Woche später wollte er Gleichgesinnte werben und schrieb an Hugo von Hofmannsthal: „Sie müssen Bicycle fahren lernen!" Der war aber der Droge Radlen schon restlos verfallen und postete zurück: „Das Radfahren macht mir eine große Freude: es ist wunderschön, ein bissel ermüdet und erhitzt sich irgendwo still hinzusetzen und über die Sträucher, die Wiesen und die Hügel hinzuschauen, und abends ist es sogar wunderschön, in den Straßen der Vorstädte zu fahren.“
Schnitzler, kein großer Anhänger des Spruches „Ein Jud’ gehört ins Caféhaus“ liebte Landpartien in die Natur. Er bezeichnete es als „Trendeln“.
Das „Bicycle“, „Bic“ bzw. „Velocipede“ brachte ein neues Lebensgefühl. Man gehörte zur Elite auf Rädern… und vereinigte sich in Vereinen. Schnitzler machte neben individuellen Ausflügen mit Freunden auch Touren mit Clubmitgliedern. Wichtig war – wie heute auch – die richtige Bekleidung, unverzichtbar war die „Bic-Peitsche“, mit der man renitente Fußgänger und Hunde zur Raison weisen konnte.
1897 ließ sich Schnitzler sogar aus London ein neues Rad kommen. Und Schnitzler ließ sich auch gerne fotografieren. Aus 1910 gibt es eine Abbildung mit Rad, Mütze und Stutzen – so wie es sich gehörte! Und auch Geliebte Marie Glümer ließ sich mit Fahrrad fotografieren. Link zum radelnden Schnitzler: Schnitzler-Bild.
Radlerfreunde vom Arthur waren Felix Salten, Olga Waissnix, Hugo von Hofmannsthal, Theodor Herzl und auch Richard Beer-Hofmann – wobei hier etwas Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. Heute kaum mehr vorstellbar: Man konnte damals das Rad mit der Bahn transportieren! Und am 22. August 1928 sogar davon träumen: Mit 66 Jahren, da radelte Schnitzler „am Ring, sehr schnell und geschickt“.
Diese Wiener Geschichte beginnt in der Innenstadt von 1893. Hier residierte ein verbummelter Arzt namens Arthur Schnitzler, der dereinst als Schriftsteller zu lokaler Berühmtheit gelangen sollte. Im Juni 1893, so um den Zeitpunkt des Todes seines Vaters, begann er im Alter von 31 Jahren seinen Radfahrkurs und trug am 13. Juni in sein Tagebuch ein „Erste Bicycle-Lektion” ein. Und knappe zwei Monate später konnte er es, er bestand seine Radfahrprüfung und schrieb am 4. August an Theodor Herzl „Der Strohhalm, mit dem ich mich an die Lebensfreude klammere, ist augenblicklich das Bicycle." Schon ein Woche später wollte er Gleichgesinnte werben und schrieb an Hugo von Hofmannsthal: „Sie müssen Bicycle fahren lernen!" Der war aber der Droge Radlen schon restlos verfallen und postete zurück: „Das Radfahren macht mir eine große Freude: es ist wunderschön, ein bissel ermüdet und erhitzt sich irgendwo still hinzusetzen und über die Sträucher, die Wiesen und die Hügel hinzuschauen, und abends ist es sogar wunderschön, in den Straßen der Vorstädte zu fahren.“
Schnitzler, kein großer Anhänger des Spruches „Ein Jud’ gehört ins Caféhaus“ liebte Landpartien in die Natur. Er bezeichnete es als „Trendeln“.
Das „Bicycle“, „Bic“ bzw. „Velocipede“ brachte ein neues Lebensgefühl. Man gehörte zur Elite auf Rädern… und vereinigte sich in Vereinen. Schnitzler machte neben individuellen Ausflügen mit Freunden auch Touren mit Clubmitgliedern. Wichtig war – wie heute auch – die richtige Bekleidung, unverzichtbar war die „Bic-Peitsche“, mit der man renitente Fußgänger und Hunde zur Raison weisen konnte.
1897 ließ sich Schnitzler sogar aus London ein neues Rad kommen. Und Schnitzler ließ sich auch gerne fotografieren. Aus 1910 gibt es eine Abbildung mit Rad, Mütze und Stutzen – so wie es sich gehörte! Und auch Geliebte Marie Glümer ließ sich mit Fahrrad fotografieren. Link zum radelnden Schnitzler: Schnitzler-Bild.
Radlerfreunde vom Arthur waren Felix Salten, Olga Waissnix, Hugo von Hofmannsthal, Theodor Herzl und auch Richard Beer-Hofmann – wobei hier etwas Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. Heute kaum mehr vorstellbar: Man konnte damals das Rad mit der Bahn transportieren! Und am 22. August 1928 sogar davon träumen: Mit 66 Jahren, da radelte Schnitzler „am Ring, sehr schnell und geschickt“.
1895
1895 kam ein Niederrad auf etwa 500 bis 600 Kronen zu stehen, 1900 kostete es nur mehr 120 bis 250 Kronen und 1910 erhielt man ein Bycicle schon unter 100 Kronen.
1895 kam ein Niederrad auf etwa 500 bis 600 Kronen zu stehen, 1900 kostete es nur mehr 120 bis 250 Kronen und 1910 erhielt man ein Bycicle schon unter 100 Kronen.
1897
Am Radfahrer-Blumencorso am 27. Mai 1897 im Prater etwa nahmen 4.000 Radfahrer_innen teil.
Hoffmannsthal im Mai 1897 an Schnitzler
„Das Radfahren macht mir große Freude: es ist wunderschön, ein bisserl ermüdet und erhitzt sich irgendwo still hinzusetzen und über die Sträucher, die Wiesen und die Hügel hinzuschauen, und abends ist es sogar wunderschön, in den Straßen der Vorstädte zu fahren. (...) Ich war erst in Weidling am Bach, und in Heiligenkreuz."
Am Radfahrer-Blumencorso am 27. Mai 1897 im Prater etwa nahmen 4.000 Radfahrer_innen teil.
Hoffmannsthal im Mai 1897 an Schnitzler
„Das Radfahren macht mir große Freude: es ist wunderschön, ein bisserl ermüdet und erhitzt sich irgendwo still hinzusetzen und über die Sträucher, die Wiesen und die Hügel hinzuschauen, und abends ist es sogar wunderschön, in den Straßen der Vorstädte zu fahren. (...) Ich war erst in Weidling am Bach, und in Heiligenkreuz."
1898: „Alles kurier ich durchs Rad“
1898 radelte Schnitzler besonders viel. Sein Tagebuch hat rund 80 Einträge zum Thema. Es sind Sachen wie „Bic.clubpartie“, „Bic. Klosterneuburg-Kierling-Wien. Mit Radfahrern soupiert“ und „Pneum. hin“. Und auch eine Schweiz-Tour mit Hoffmannsthal ist vermerkt.
1898 radelte Schnitzler besonders viel. Sein Tagebuch hat rund 80 Einträge zum Thema. Es sind Sachen wie „Bic.clubpartie“, „Bic. Klosterneuburg-Kierling-Wien. Mit Radfahrern soupiert“ und „Pneum. hin“. Und auch eine Schweiz-Tour mit Hoffmannsthal ist vermerkt.
Anno Dazumal auf dem Rad III
Theodor Herzl (1860 bis 1904) wurde vom Schnitzler Arthur in die Fahrradwelt eingeführt. Herr Herzl lieferte den theoretischen Unterbau für den jungen Sport. Theo in einem Zeitungsartikel dazu: Es war anfangs „muntere Leibesübung junger Burschen oder lächerlicher Sportsnarren“, doch nun sieht man „ehrenfeste unjunge Leute auf dem Zweirade durch die Gassen jagen, und sie machen dazu ernsthafte Mienen. Viele schämen sich freilich noch ertappt zu werden, weil sie sich einer Welt von Vorurteilen gegenüber befinden.“
Kritik am Radeln kam von recht ungewöhnlicher Seite – von den Klavierfabrikanten. Herzl sah es pragmatisch: „Man spielt also weniger Klavier, das ist ja gar nicht übel.“
In den üblen Ton stimmten sofort Fisöre, Trafikanten, Schuster und Verlage ein. Keine Zeit mehr für die Muse, keine gepflegten Haare und Bärte, keine abgenutzten Stiefel, weniger Zigarrenraucher! Nur die Landstraße, sträflich vernachlässigt seit der Eisenbahneinführung kam zu neuen Ehren: „Nun schwebt die leichte Bicyclette einher und führt ein neues Leben mit sich.“ Profitieren sollten auch Fabriksarbeiter, die nun im gesunden Grün wohnen könnten – eine Speckgürtel-Vorform, sozusagen! Das Fahrrad war für Theo ein „nützliches, demnächst unentbehrliches Verkehrsinstrument“ für den neuen Menschen: „Die Fußgänger schleppen sich mit einer unverständlichen Langsamkeit und Trübsal dahin. Ein Tritt auf die Kurbel, und sie sind überholt, sie sind schon fern, schon klein. Es ist eine Poesie in der Hast.“
Theodor Herzl (1860 bis 1904) wurde vom Schnitzler Arthur in die Fahrradwelt eingeführt. Herr Herzl lieferte den theoretischen Unterbau für den jungen Sport. Theo in einem Zeitungsartikel dazu: Es war anfangs „muntere Leibesübung junger Burschen oder lächerlicher Sportsnarren“, doch nun sieht man „ehrenfeste unjunge Leute auf dem Zweirade durch die Gassen jagen, und sie machen dazu ernsthafte Mienen. Viele schämen sich freilich noch ertappt zu werden, weil sie sich einer Welt von Vorurteilen gegenüber befinden.“
Kritik am Radeln kam von recht ungewöhnlicher Seite – von den Klavierfabrikanten. Herzl sah es pragmatisch: „Man spielt also weniger Klavier, das ist ja gar nicht übel.“
In den üblen Ton stimmten sofort Fisöre, Trafikanten, Schuster und Verlage ein. Keine Zeit mehr für die Muse, keine gepflegten Haare und Bärte, keine abgenutzten Stiefel, weniger Zigarrenraucher! Nur die Landstraße, sträflich vernachlässigt seit der Eisenbahneinführung kam zu neuen Ehren: „Nun schwebt die leichte Bicyclette einher und führt ein neues Leben mit sich.“ Profitieren sollten auch Fabriksarbeiter, die nun im gesunden Grün wohnen könnten – eine Speckgürtel-Vorform, sozusagen! Das Fahrrad war für Theo ein „nützliches, demnächst unentbehrliches Verkehrsinstrument“ für den neuen Menschen: „Die Fußgänger schleppen sich mit einer unverständlichen Langsamkeit und Trübsal dahin. Ein Tritt auf die Kurbel, und sie sind überholt, sie sind schon fern, schon klein. Es ist eine Poesie in der Hast.“
1900
Um 1900 war das Rad endgültig in der gesellschaftlichen Wiener Mitte angekommen. Das Bycicle war Alltagsgut geworden.
Um 1900 war das Rad endgültig in der gesellschaftlichen Wiener Mitte angekommen. Das Bycicle war Alltagsgut geworden.
1904: Schnitzlers Radkarrierenende
Schnitzler an Hofmannstal: „Rad beinah gar nicht – die vielen mühelosen Dahinraser im Automobil verderben einem die naive Freude.“
Schnitzler an Hofmannstal: „Rad beinah gar nicht – die vielen mühelosen Dahinraser im Automobil verderben einem die naive Freude.“
1910
Schnitzler an Hofmannstal: „Vom Semmering habe ich eine Fußpartie gemacht, denken Sie, mein Rad habe ich – verschenkt“.
Schnitzler an Hofmannstal: „Vom Semmering habe ich eine Fußpartie gemacht, denken Sie, mein Rad habe ich – verschenkt“.
2008
Herzl fuhr ein Rad der Marke Opel Victoria Blitz, das 2008 als Leihgabe an das Jüdische Museum Wien kam und in der Ausstellung „Hast du meine Alpen gesehen?“ gezeigt wurde.
Herzl fuhr ein Rad der Marke Opel Victoria Blitz, das 2008 als Leihgabe an das Jüdische Museum Wien kam und in der Ausstellung „Hast du meine Alpen gesehen?“ gezeigt wurde.
Literaturtipp
„Motor bin ich selbst. 200 Jahre Radfahren in Wien“ von Rudolf Müllner und Michael Zappe. Wien 2013.
„Motor bin ich selbst. 200 Jahre Radfahren in Wien“ von Rudolf Müllner und Michael Zappe. Wien 2013.